Freitag, 4. Juni 2010

Fußweg Jakobsweg - Tag 7 in Najera

Deutsche Esotheriker sind auch nur Deutsche. Pünktlichkeit, Disziplin, Genauigkeit und strikte Einhaltung aller Regeln sind nun einmal Deutsche Werte. Die gelten natürlich auch im Ausland. Selbst im sonst eher etwas weniger genauen Spanien.

Wofür diese Einleitung? Der Morgen in Ventosa unter deutscher Lagerleitung begann wie in jeder Herberge: ab fünf Uhr machten sich die ersten Pilger fertig. Als die Unterhaltungen im Bad gegen zehn Minuten vor sechs Uhr zu laut werden, wird seitens der Herbergsleitung streng und unfreundlich für Ruhe gesorgt. Na endlich haben die Nachtpilger mal eins auf die Mütze bekommen! Um Sechs passiert dann das Unerwartete: mit unbeschreiblicher Lautstärke schallt Mönchsgesang durch das Haus.Weihrauchduft breitet sich in den Räumen aus. Mit jeder Minute sehe ich mich immer deutlicher in den Schlagzeilen Spanischer Medien. Nach exakt 30 Minuten hört der Spuk auf. Deutlich leiser versucht Mozart mit seiner Musik, die Gemueter wieder zu besänftigen. Ich bin mir derweil ziemlich sicher, eine Super-Compostella zu benötigen, falls ich jemals dieser Frau begegnen sollte. Deshalb packe ich meine Sachen sehr schnell zusammen, nehme meine Stiefel mit auf die Straße und ziehe sie mir erst dort an.
 

Nach vier Kilometern ist meine Wut verflogen. An einem schönen sonnigen Plätzchen in einer Heide-ähnlichen Landschaft mache ich mir jetzt erst einmal mein Früstück: Milchreis mit Kaffee. Danach lege ich mich in die Sonne, genieße die Ruhe und die Stimmen der vorbeiziehenden Pilger. Während ich so auf die Gruppe warte, scheint mich der abgebrochene Nachtschlaf einzuholen. Erst die markante Stimme von Anna aus Neuseeland weckt mich wieder auf.

Bald darauf habe ich die Gruppe im Eingang eines kleinen Ortes eingeholt. Im schattigen Garten einer noch geschlossenen Bar machen wir Pause und teilen unsere essbaren Habseligkeiten. Gerade, als wir fertig sind, macht die Bar auf und wir gönnen uns noch einen Kaffee.
 

Kurz hinter dieser Bar geht der Weg durch eine Furt oder etwas versteckt über eine Brücke. Ich filme die Gruppe von der anderen Seite, wie sie auf die Furt zukommt, verzweifelt nach Alternativen sucht und schließliich die einzelnen Mitglieder vor Entscheidung stellt, welchen Weg sie nehmen wollen. Nur Mareike wagt den Weg durch die vier Zentimeter tiefe, wenig reißende Strömung. Hinterher fand ich es sehr interessant, zu erkennen, dass der Weg durch die Furt für mich so selbstverständlich und akzeptabel war, dass ich nach gar keinen Alternativen gesucht habe. Ich gehe davon aus, den Kommentar von G. zu dieser Aktion schon zu kennen...

Die letzten Kilometer bis Najera verfliegen schnell. Dort nehmen wir uns eine Herberge mit nur 10 Betten, die wir nur mit zwei weiteren Pilgern teilen: einem unnahbaren, grummeligen Typen (wahrscheinlich Deutsch) und Christian Castro. 
 

Christian kommt fließend spanisch plappernd als die personalisierte Aufgeschlossenheit in den Raum.





Bald darauf schwärmen wir wieder aus: Vorgeschickten Rucksack von Patricia holen, auf die Wiese am Flussufer zum (Sonnen-)Baden, Erzählen und Tagebuchschreiben und auch, um schon mal den Ort für die Abendgestaltung zu erkunden. Die lustige Runde wird erst durch Jannekes Anruf zur Räson gebracht: Der Herbergswirt hat um 22:00 einen Kontrollgang gemacht und dabei ärgerlich festgestellt, dass ein wesentlicher Teil der Betten noch leer war.

Ein wirklich schöner Tag, den die Hergswirte nur unwesentlich beeinflussen konnten.

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