Freitag, 4. Juni 2010

Fußweg Jakobsweg - Tag 6 in Ventosa

Früh um fünf Uhr herrschte wieder wilde Aufbruchstimmung in der Herberge. Um halb Sieben hat sich dann auch unsere Gruppe zum Frühstück versammelt. Allerdings habe ich mich schon am Abend zuvor von dieser frühen Aktion abgemeldet. Um acht Uhr zwanzig verlasse ich tatsächlich als Letzter die Herberge. Hinter mir schließt eine charmante Polizistin die städtische Unterkunft zu.


Die ersten zehn Kilometer führen durch eine wunderschöne, dunstige Morgenlandschaft nach Logrono. Ich mache einige Fotos, komme dadurch jedoch nicht so recht voran. 



Zwei Stunden später erreiche ich das unter Pilgern recht berühmte Haus der Dona Felisa.

Bis zu Ihrem Tod vor wenigen Jahren stand sie täglich an der Strecke und versorgte die Pilger gegen eine kleine Spende mit Getränken und dem sehr beliebten Stempel für den Pilgerpass (Credential). Inzwischen hat ihre Tochter Maria diese Aufgabe übernommen.







 








Als ich in das sehr einfache Haus der Maria komme, herrscht dort eine angenehme kühle Dunkelheit. Den angebotenen Kaffee nehme ich gerne an, währenddessen stempelt Maria mein Credential ab und setzt noch einen Stempel in das Tagebuch von A. 
 
Von Logrono bin ich nicht so richtig begeistert. Hier wird wie wild abgerissen und saniert, um die charmante Morbidität einer alten Spanischen Stadt in Lebensqualität für ihre Bewohner umzuwandeln.










Immerhin gibt es in Logrono fast am Wegesrand des Jakobsweges (Camino) ein Decathlon. Hier bekomme ich endlich das Gas für die Campingküche. Auch kann ich den Vorrat an Wandersocken um zwei Paar aufstocken, sowie das am Vortag an Unbekannt 'ausgeliehene' T-Shirt ersetzen.

 


Auf dem Weg aus der Stadt hinaus fällt mir immer wieder auf, dass Kinder in Spanien eine unheimlich hohe Priorität in der Freizeit-, Stadt- und Landschaftsplanung erfahren. Zwar ähneln einige Vororte durchaus französichen Banlieus, sind aber freundlicher, mit riesigen Spielanlagen ausgestattet, die auch sehr intensiv von Kindern und Eltern genutzt werden. Videospiele und Nintendos gibt es hier bestimmt auch. Aber die Herrschaft über das Sozialleben haben sie scheinbar noch nicht erlangt.

Auf dem weiteren Weg fordern zwei dicke Blasen an meinen Hacken ihren ersten Tribut: Ich bin scheinbar unbemerkt vor einigen Kilometer in eine ungesunde Schonhaltung zugunsten geringerer Auftrittschmerzen übergegangen. Während ich die jetzt plötzlich auftretenden Knieschmerzen durch eine Korrektur meiner Laufhaltung wieder in den Griff bekomme, macht mir eine leichte Ubersäuerung meiner Oberschenkelmuskeln mehr zu schaffen. Nach 25 km bin ich in Navarete kurz davor, die Verabredung mit der Gruppe in dem nächsten Ort - Vendosa - abzusagen. Letztlich motiviere ich mich aber doch noch dazu, diese letzten 7,4 km zu laufen. Auf diesem letzten Segment hat mich ein weiteres Mal die Aufmerksamkeit der Spanier überrascht: Der Weg führte gerade mal wieder parallel zu einer etwas lauten und staubigen Landstraße. Als ich dort mangels Sitzgelgenheit über meinen Stock gebeugt eine kurze Pause machte, fuhr ein LKW hupend an mir vorbei und der Fahrer winkte mir aufmunternd zu! Bald fand ich im Sand des Weges die ersten noch sehr frischen Spuren der letzten Gruppenmitglieder. Entsprechend wuchs in mir die Lust, die Truppe noch einzuholen Letztendlich gelang mir das erst um kurz vor neun Uhr in der Herberge, wo die Letzten gerade erst angelangt waren.

Wir unterhielten uns noch ein wenig im Garten der Herberge, vergaßen dabei etwas die Zeit.

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