Donnerstag, 21. April 2011

16.04.2011 Schnelles Altern zwischen Portugal und Spanien

P. und ich schlafen recht gut. Ab vier Uhr wird es jedoch im Raum hektisch: Die Italienerinnen machen sich nicht ganz geräuschlos auf den Weg einer Nachtwanderung. Wie konnte ich diese Nachtpilgerei doch nur verdrängen? Fünf Uhr lässt schon das Gefühl aufkommen, wir würden die Mittagszeit verschlafen und so sind wir von einer weiteren Pilgerin abgesehen, die einzigen Gäste, die bis um sieben Uhr durchgehalten haben. Während die Pilgerin sich noch murrend in ihrem Bett herumwälzt, haben P. und ich unsere Rucksäcke bereits auf dem Flur deponiert, das Kaffeewasser angeworfen und uns von Dac zeigen lassen, dass man mit gekochtem Speck auf Käse und Baguette ein lecker riechendes Frühstück kreieren kann.

Irgendwann, nach acht Uhr, machen P. und ich uns auf unsere Pilgerreise. Die Etappe des Tages ist durchaus überschaubar. Uns erwarten eigentlich nur vier Kilometer, von denen jeweils zwei in Portugal und in Spanien verlaufen. Dazwischen liegt die internationale Brücke von Valença, davor noch die Bastion und die Altstadt diese Ortes. Durch letztere schlendern wir in Ruhe und schauen zu, wie langsam das Leben in den Ort Einkehr hält. Nach den Bäckereien öffnen langsam die Fleischereien, dann der erste, kleine, Supermarkt und erst ganz zum Schluss wappnet sich der Ort für die erwarteten Massen der Pilger. An der internationalen Brücke machen P. und ich ein paar Fotos und treffen bei der Gelegenheit einen deutschen Pilger, der mir von Anfang an sympatisch ist: Denn er erzählt von seinem Ruhetag in Valença. Von ihm geht Ruhe und Pilgerweisheit aus. Willkommen im Club!

Der Weg über die architektonisch sehr interessante Brücke ist für P. nicht ganz geheuer. Nicht ganz geheuer ist auch die Tatsache, dass wir auf dieser Strecke eine Zeitzone überschreiten und so weit mehr als eine Stunde auf der Brücke verbringen. Der umgekehrte Weg ist entsprechend der Jungbrunnen schlechthin: Nach zehn Minuten Fussweg ist man um fünfzig Minuten jünger!!!

In Tui angekommen, machen wir uns sofort auf den Weg zur Pilgerherberge. Dort müssen wir feststellen, dass die Herberge nicht nur geschlossen ist, sondern, dass dort auch eine sehr harte Priosierung von Pilgern durchgezogen wird. Denn neben dem üblichen Differenzieren zwischen Fuss-, Reit-, und Radpilgern, werden dort auch die Buspilger zugelassen, Pilger mit Reiseantritt in Tui oder Valença jedoch ausdrücklich abgwiesen!!! P. und ich gehen erst einmal einkaufen, kochen uns dann eine Nudelspeise auf unserem Esbit-Kocher und spülen unser Geschirr. Kaum damit fertig, sehen wir, wie sich die Hospetalliera an dem Türschloss der Herberge zu schaffen macht. Freundlich versuchen wir, sie auf unser Bedürfnis nach einer Schlafstatt aufmerksam zu machen. Sie ist uns aber auf brutalste Weise rethorisch überlegen: Ohne Wimpernzucken verweist sie auf die Priorisierungsregeln, spielt ansonsten die non-anglophile Gastgeberin. Wir geben auf, suchen die Touristeninformation des Ortes auf und bekommen ein recht nettes Zimmer in einer privaten Herberge. Erst am späten Nachmittag gesellen sich ein Spanier, eine Kolumbianerin und ein ebenfalls spanisch sprechender Geselle unbekannter Herkunft zu uns.

P. und ich stromern in dem Ort herum, kühlen uns an dem Grenzfluss ab und geniessen im Anschluss die Ruhe der Herberge. Die sommerlichen Temperaturen werden von uns mit äusserster Freude aufgesogen.

Abends essen wir noch in der Küche Baguette, Chorizo, Tomaten und Gurke aus Spanischer Herkunft. Ein geschmackliches Fest. P. bietet nebenbei Haribo-Süssigkeiten aus einer 1kg-Tüte an und findet auf dieses Weise sehr schnell Kontakt. So auch zu zwei Schwedinnen, die in Lagos, Portugal wohnen und einer deutschen Pilgerin aus Hamburg. Wir verbringen einen recht lustigen Abend, den wir im Wohnzimmer der Herberge mit dem Studium des Gästebuches ausklingen lassen.

Dieser erste Pilgertag hatte mir mal wieder bewiesen, dass Pech niemals Pech sonder eigentlich Glück ist. Hätten wir ansonsten einen so schönen Abend verbringen können? Und die eine Stunde der Alterung holen wir uns auf dem Rückweg einfach wieder zurück!

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